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Was du über indigene Völker wissen musst

Im Regenwald gibt es nicht nur unzählige Pflanzen und Tiere, sondern auch viele Menschen. Die Ureinwohner unter ihnen – sogenannte Indigene – leben seit Jahrhunderten im Einklang mit der Natur. Heute sind sie jedoch genauso gefährdet wie der Wald selbst. 

Wichtigste Fakten
  • Es gibt weltweit zwischen 370 und 450 Millionen indigene Menschen.
  • Zu den bekanntesten Regenwaldbewohnern zählen die Yanomami in Südamerika, die Dayak auf Borneo, die Pygmäen in Afrika und die Aborigines in Australien.
  • Das Leben dieser Menschen ist dem Urwald angepasst und hat sich bei einigen Völkern seit Jahrhunderten kaum verändert.
  • Heute sind viele Indigene bedroht.
der Stammesälteste Binan Tukum jagt mit seinem Sohn im Regenwald in Brasilien am Amazonas  Der Stammesälteste Binan Tukum im Amazonas-Regenwald geht so wie seine Vorfahren mit einem Blasrohr auf die Jagd. (Bild: Laszlo Mates/Shutterstock)

Was bedeutet „Indigen“ überhaupt?

Seit den 1980er Jahren werden Ureinwohner auf der ganzen Welt auch als „indigene Völker“ bezeichnet. Das Wort „Indigen“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „in einem bestimmten Gebiet geboren oder beheimatet“. 

Indigene Menschen sind also die Nachfahren der ersten Siedler in einer bestimmten Region. Sie haben meistens eigene Sprachen. So werden von den 7.000 gesprochenen Sprachen auf der Welt mehr als 4.000 von indigenen Völkern gesprochen. 

Auch ihre Kulturen und Lebensweisen haben die Indigenen von ihren Vorfahren übernommen. So haben sie eine enge Verbindung mit der Natur, in und von der sie leben. 

Einige Völker werden stark von der Außenwelt geprägt: Sie übernehmen die Amtssprache des Landes oder treiben Handel mit umliegenden Gebieten. 

Wie viele indigene Völker gibt es?

Die Vereinten Nationen (UN) schätzen, dass rund 5.000 indigene Völker in 90 Staaten der Erde leben. Insgesamt sollen es zwischen 370 und 450 Millionen Menschen sein. 

Zu den bekanntesten indigenen Völkern die Maori in Neuseeland, die Samen in Skandinavien oder die Cheyenne in Nordamerika. Die Aborigines in Australien sind die ältesten uns bekannten Ureinwohner. Ihre Kultur besteht seit mindestens 50.000 Jahren.
 

Welche Indigenen leben in den tropischen Regenwäldern?

Zu den bekanntesten Naturvölkern Südamerikas gehören die Yanomami, die im Grenzgebiet von Brasilien und Venezuela leben, die Xingú in Brasilien und die Huaorani in Ecuador. In Afrika bewohnen die verschiedenen Stämme der Pygmäen die tiefen Regenwälder im Kongobecken. Auf der südostasiatischen Insel Borneo, die sich Indonesien, Malaysia und das kleine Königreich Brunei teilen, heißen die Ureinwohner Dayak. Zu ihnen zählen wohl mehr als 150 verschiedene Stämme.

Wie viele Ureinwohner noch in den Regenwäldern der Erde leben, weiß niemand so genau. Manche sprechen von zwei Millionen Menschen in etwa 1.000 Stämmen. Andere Quellen berichten von rund 60 Millionen Regenwald-Bewohnern. Wie viele davon jedoch wirklich indigen sind, ist nicht sicher.

Hier lernst du drei indigene Völker genauer kennen

Was sind „unkontaktierte Völker“?

Sie sind Menschen, die keinen friedlichen Kontakt mit anderen Menschen zu der bestimmenden Bevölkerungsmehrheit ihres Landes haben. 
Allerdings haben auch diese isoliert lebenden Völker Nachbarn und Nachbarinnen, auch wenn diese manchmal sehr weit entfernt leben. Aber man kennt sich doch. Wenn die Nachbargemeinde selbst ein indigenes (unkontaktiertes) Volk ist, stehen sie vielleicht sogar in friedlichem Kontakt.
Weltweit gibt es mehr als 100 unkontaktierte Völker. Zu ihnen gehören zum Beispiel die Awá im brasilianischen Amazonasgebiet. 

Wie sieht der Alltag indigener Menschen im Regenwald aus?

Früher, als der Regenwald noch viel größer war, zogen die Ureinwohner das ganze Jahr als Nomaden von einem Ort zum anderen. Später bauten sie sich mehr oder weniger feste Hütten. Von dort aus gingen sie für Tage oder Wochen auf Wanderschaft und kehrten mit ihren Lebensmitteln und erbeuteten Schätzen zurück. Menschen, die so leben, nennt man Halbnomaden.

In Tausenden von Jahren haben sich die Ureinwohner der Regenwaldländer ihrem grünen Universum angepasst. Sie verehren die Natur und glauben an gute Naturgeister, die sie an uralten, heiligen Bäumen oder besonderen Orten im Wald anbeten. Sie lernen, von der Natur und all ihren Gaben zu leben, ohne sie zu zerstören. Die Menschen wissen, welches Holz sich für ihre Hütten eignet und wie man ein Dach gegen Regen abdichtet. Sie können essbare und nahrhafte Wurzeln und Beeren von giftigen Pflanzen unterscheiden und kennen das richtige Kraut gegen Kopfschmerzen, Entzündungen, Insektenbisse oder Fieber. 

Hier erfährst du, wie Kinder im Regenwald aufwachsen

3 Kinder und ein Mann stehen vor dem Stamm eines UrwaldriesenEin Vater der Dayak auf Borneo erklärt seinen Kindern die Bedeutung des heiligen Baumes in ihrem Wald

All dieses Wissen geben diese Menschen von Generation zu Generation weiter. Dieses Wissen existiert noch immer, auch wenn immer weniger davon Gebrauch machen können. Denn die die Lebensweise der Indigenen wird durch die Zerstörung der Regenwälder immer mehr bedroht.

 

 

Nicht alle Indigenen leben nur im und vom Regenwald

Indigene Völker sind natürlich nicht automatisch „Waldmenschen“. 
Ein Beispiel sind die Dayak auf Borneo. Sehr viele von ihnen leben in größeren Städten, arbeiten in Büros, in der Verwaltung, besuchen Schulen und Universitäten, arbeiten mit Computern – so wie Nicht-Indigene auch. 
Borneo ist die drittgrößte Insel der Erde (nach Grönland und Neuguinea) und inzwischen nur noch zu rund einem Drittel bewaldet. Es gibt auf Borneo auch Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern.
Und auch, wenn sie im Wald geboren und aufgewachsen sind, gehen sie zum Studium oder zur Ausbildung in die Städte – und kehren nicht selten mit Laptop in ihr Dorf zurück. 

Solche Beispiele gibt es natürlich auch in Südamerika und Afrika. 

Hier erfährst du, wie Brasiliens berühmteste Influencerin und Indigene Alice Pataxó lebt

Wieso sind Naturvölker bedroht?

Die Existenz und die Lebensweise der Indigenen Regenwaldbwoher ist heute zunehmend bedroht. Das hat viele Gründe. Weil die Wälder stetig schrumpfen, haben halbnomadische Stämme nicht mehr genug Platz zum Wandern. Durch die Abholzung der Wälder geht den Völkern außerdem oft die Lebensgrundlage verloren: Sie finden einfach nicht mehr die Pflanzen, von denen sie sich traditionell ernähren, und gehen bei der Jagd immer öfter leer aus. 

Dies gilt auch für die Kleinbauern, die ihre Felder an den Rändern des Waldes anlegen und zusätzlich von seinen Früchten leben. Früher bestellten diese Menschen, von denen viele indigen sind, ihre Reis-, Mais- oder Gemüsefelder nur ein oder zwei Jahre am Stück, bevor sie weiterzogen und woanders anbauten. Wenn sie dann nach etwa zehn Jahren zurückkehrten, hatte der Boden sich bereits erholt und konnte neu bewirtschaftet werden. Heute gibt es jedoch nicht mehr genug Land für die wachsende Zahl der Menschen dort. Deshalb können sie kaum noch umherziehen, und ihre Ernte fällt auf dem ausgelaugten Boden immer kleiner aus.

Um auf diese Probleme und die Rechte der Indigenen hinzuweisen, haben die Vereinten Nationen den 9. August zum Welttag der Indigenen erklärt. 

Was genau es mit diesem Tag auf sich hat, erfährst du hier 
 

Quellen:
Survival International, Vereinte Nationen, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bundeszentrale für politische Bildung
Letzte Aktualisierung: 5. April 2023
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