Riesenwurm, Korallenschlange und Happy End für ein Ameisenbären-Baby
Geschichten aus unserem Spendenprojekt in Brasilien
Auf der Fazenda Saúva gibt es viel zu tun. Unermüdlich werden neue Bäumchen gepflanzt, dafür muss vor allem der Boden vorbereitet werden. Zwölf Kinder und Jugendliche helfen drei Tage in der Woche mit. In diesem Mini-Praktikum lernen sie viel über naturnahe Land- und Waldwirtschaft. Und machen manchmal seltsame Entdeckungen.... Einer von ihnen ist der 12jährige Daniel, von dem wir euch weiter unten erzählen.
- Immer mehr Bäume wachsen heran
- Die Korallenschlange ist (war!) ziemlich giftig
- Der Wurm ist gigantisch und selten
- Daniel ist ein Waldmensch – und rettet Tiere
Die tote Schlange – und ihre gute Tat
Der Schreck war groß, als die Kinder unter dem Laub eine rot-schwarz-gestreifte Schlange entdeckten. Sie waren gerade dabei, Blätter und Äste zu sammeln. Damit umhäufen sie die jungen Baumsetzlinge, um sie zu schützen und zu düngen.
Doch die Schlange bewegte sich nicht, sie war tot. Sonst hätte sie sich bestimmt schnell in ein Erdloch verkrochen. Zum Glück, denn Korallenschlangen sind giftig. „Es war trotzdem eine tolle Erfahrung für die Kinder“, sagt Bianca, die Gründerin und Lehrerin der Fazenda Saúva. „Denn sie konnten die Schlange berühren, auch wenn sie sich ziemlich überwinden mussten. Es war so eine Art Thereapie. Denn viele Menschen haben große Vorurteile gegenüber allen Schlangen...“
Der Riesenwurm ist sehr lebendig – zum Glück!
Wer beim Bäumepflanzen ständig in der Erde wühlt und gräbt, entdeckt unweigerlich auch fremde Zeitgenossen. Zum Beispiel diesen Riesenwurm, der die Kinder ziemlich überraschte: Ganze 80 Zentimeter ist er lang. Er gehört zur Familie der sogenannten Wenigborster, die bis zu 1,10 Meter lang werden können. Es soll sogar schon mal einer 2,10 Meter erreicht haben. Diese XXL-Würmer leben übrigens ausschließlich in Südamerika und sind äußerst selten.
Rechenübung mit Ananas
In der Schule der Bäume geht es nicht nur darum, neue Bäume zu pflanzen. Oder etwas über die heimischen Tiere und Pflanzen im Atlantischen Küstenwald Brasiliens zu lernen – und sie zu malen. Davon haben wir euch ja schon erzählt.
Die Schule ist außerdem eine „echte“ Schule: Bianca unterrichtet nämlich auch Lesen, Schreiben und Rechnen. Und das ist eine gute Idee – denn seit zwei Jahren gibt es in der öffentlichen „Regenwald“-Schule wegen Corona keinen Unterricht mehr. Und auch davor gab es nicht immer genug Lehrer und Lehrerinnen. Deshalb fällt einigen Kindern vor allem das Rechnen ziemlich schwer.
Und da kommt die Ananas ins Spiel: „Wir haben heute zehn Ananas geerntet“, erzählt der 12jährige Daniel. „Und von den zehn Ananas haben wir insgesamt 130 Ableger eingepflanzt. Dann sollten wir ausrechnen, wie viele Ableger jeweils eine Ananas hat...“ Nicht alle wussten die Antwort. Aber in der Schule der Bäume gibt es ja jeden Tag die Gelegenheit, rechnen zu lernen.
Was Daniel und allen anderen Kindern am meisten Spaß macht, ist sowieso ein ganz anderes Fach: Capoeira!
Capoeira – urbrasilianisch und weltberühmt
Capoeira ist eine ganz besondere Kampfkunst. Ursprünglich kam sie mit verschleppten Sklaven aus Afrika nach Brasilien; sie mussten dort auf den Zuckerrohrplantagen schuften. Die Kampfkunst wurde im Laufe der Zeit in Brasilien weiterentwickelt und gehört heute zum Weltkulturerbe.
Als Bianca Kühnert und ihr Mann Hebert Silva Santos im Jahr 2017 die Fazenda Saúva gründeten, war Capoeira das allererste Unterrichtsfach. „Die Kinder, die hier in der Umgebung leben, waren sofort begeistert“, erzählt Hebert. „Denn es gibt hier weder Spielplätze noch Vereine oder andere Sportangebote.“
Hebert Silva Santos ist ein Capoeira-Meister. „Diese Kampfkunst ist der wichtigste Teil unserer Arbeit mit den Kindern“, erzählt er. „Nur mit ihm halten wir die Kinder und Jugendlichen zusammen. Denn hier im Regenwald leben sie ziemlich abgeschnitten. Es gibt auch keine öffentlichen Verkehrsmittel in die Stadt und der Fußweg ist zu weit.“
Capoeira kann niemand allein spielen, es gelingt nur zusammen mit anderen. Und es geht auch nicht ums Gewinnen, sondern um das Gefühl, etwas gemeinsam zu tun. Und auch die Musik dazu ist wichtig. Mehr über Capoeira könnt ihr auch auf der Seite der Fazenda Saúva lesen.
Daniel und das verwaiste Ameisenbären-Baby
Der kleine Ameisenbär war kaum auf der Welt, als Jäger seine Mutter erschossen. Daniels Großvater entdeckte das hilflose Tierbaby und schenkte es seinem Enkel – als Haustier zum Spielen. Daniel hat sich zuerst total gefreut über den neuen „Spielgefährten“. Er nannte ihn „Soluço“, das bedeutet Schluckauf, der den Kleinen offenbar plagte. Und er wurde immer dünner.
Als Daniel Bianca davon erzählte, war sie sehr besorgt. Denn ein neugeborener Ameisenbär wird noch Monate lang von seiner Mutter ernährt und betreut. Eine solche Aufgabe können jetzt nur die Tierpfleger in der Wildtierstation des Zoos in der Stadt Salvador übernehmen. Der Kleine brauchte auch eine spezielle Milch.
Daniel ließ sich von Bianca überzeugen, und schon am nächsten Tag wurde der Ameisenbär abgeholt und trat seine erste lange Autofahrt an – fünf Stunden war er unterwegs in die Stadt. Daniel und alle Kinder der Fazenda durften ihn dort besuchen – und inzwischen wurde der nicht mehr so kleine Schluckauf in die Freiheit entlassen.
Der Wald ist Daniels Zuhause
Daniel und seine jüngere Schwester Daniele leben bei ihren Großeltern. Die Mutter wohnt in der acht Kilometer entfernten Stadt Nilo Peçanha und arbeitet in einer Bäckerei. Sie verdient aber nicht genug, um die beiden versorgen zu können. Der Vater wohnt weit entfernt und kümmert sich nicht. Das Haus der Großeltern steht in einem Waldstück und ist sehr einfach gebaut – ohne Toilette und fließendes Wasser. Gekocht wird über einer Feuerstelle. Wäsche gewaschen wird im Fluss oder in einer Quelle im Wald.
Abends wird es oft kühl im Wald. Dann hat die Großmutter immer schon einen Topf Wasser heiß gemacht, damit die Kinder warm duschen können.
Die Familie baut Kakao- und Guanará-Bäume an und lebt vom Verkauf der Bohnen und Früchte. Aus Guanará-Früchten wird das beliebteste Erfrischungsgetränk Brasiliens gemacht.
Daniel und seine Freunde fühlen sich im Wald zuhause. Während die meisten Leute nur mit festen Schuhen in die Wildnis gehen, streift Daniel immer barfuß durch den Wald. Er kennt sehr viele Früchte und weiß, wann welche reif sind.
Rechnen? Geht so... Bäume pflanzen? Cool!
Der Wald ist für Daniel das allerliebste Klassenzimmer. Schon bevor es die Schule der Bäume gab, kannte er sich supergut aus im Wald. Aber jetzt weiß der 12-jährige ganz genau, welche Tiere sich von welchen Bäumen ernähren. Und dass es wichtig ist, viele verschiedene Arten zu pflanzen. Nicht nur Kakao- oder Guanará-Plantagen wie die meisten Familien hier.
Daniel ist schon von Anfang an im Fazenda-Team dabei – vor allem natürlich wegen Capoeira. Dann kam der normale Schulunterricht dazu: lesen, schreiben, rechnen, englisch, Naturkunde... Muss sein, wenn ihr Capoeira machen wollt, sagt Bianca. Aber jetzt weiß Daniel endlich, wie sein Land Brasilien auf der Landkarte aussieht. Und wo dort sein Zuhause liegt.
Und dann folgte das Projekt „Bäume pflanzen“ – mit allem Drum und Dran. Und hier ist Daniel sofort Feuer und Flamme: „Wir stellen den Dünger selbst her“, erzählt er begeistert. „Wir bauen viele nährstoffreiche Pflanzen an, die wir dann mit Erde vermischen. Ein Super-Dünger für die jungen Urwaldbäume! Wir müssen also gar keinen chemischen Dünger mehr kaufen. Der ist nicht nur teuer, sondern auch ungesund!“ Zu Hause hat er schon ein kleines Feld mit Gemüse und Ananas bepflanzt – ganz ökologisch!
Auch mit Werkzeug arbeitet Daniel gern. Wo immer es was zu sägen gibt, ist er dabei.
Vom Vogelfänger zum größten Tierretter
Dort, wo Daniel lebt, gehört das Jagen dazu. Viele Familien sind sehr arm und darauf angewiesen, Wildfleisch zu verkaufen. Und es gibt auch immer wieder Leute aus der Stadt, die gern einen Vogel als Haustier hätten. „Ein Mann hat mir neulich gesagt, ich soll ihm einen von den grünen Papageien fangen. Die sitzen hier überall auf den Bäumen. Früher hätte ich das sofort gemacht. Aber heute finde ich es total doof, Vögel zu fangen.“
Daniel, sagt Bianca, ist heute unser größter Tierretter. „Ein kleines Gürteltier hat er uns schon gebracht, eine Purpurtangare und viele andere verletzte Vögel. Alle konnten gerettet werden.“
Und zuletzt eine – wahrscheinlich ziemlich deutsche – Frage: Was willst du einmal beruflich machen, Daniel? „Feuerwehrmann!“
Natürlich machen alle Kinder der Fazenda fleißig mit, damit der Wald Baum für Baum größer wird. Die Geschichte von Daniel ist nur ein Beispiel um euch zu erzählen, wie Kinder im Atlantischen Küstenwald von Brasilien leben.
Wollt ihr über die Schule der Bäume mehr erfahren? Dann schaut euch unter WEITERLESEN (unten) die Geschichten dazu an:
- Spendenprojekt in Brasilien: Die Schule der Bäume
- Ein Termitenhaus düngt junge Bäume: Unser Spendenprojekt in Brasilien
- Regenwaldschützer des Monats Juli 2021
- Starte eine Aktion für den Regenwald!
- Spenden sammeln – wie geht das?
- Werde Regenwald-Schützer/in des Monats!
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