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Was hat mein Handy mit dem Regenwald zu tun?

Habt ihr euch diese Frage schon mal gestellt? Sie ist gar nicht so seltsam, wie sie klingt. Wenn wir überlegen, wo die ganzen Einzelteile eines Smartphones herkommen, führt uns die Spurensuche sehr schnell in die Regenwälder der Erde.

Wichtigste Fakten
  • Wie viele neue Smartphones werden jedes Jahr in Deutschland verkauft?
  • Welche Rohstoffe sind in einem Handy?
  • Woher kommen die wichtigsten Metalle im Smartphone?
  • Wo findet man Coltan?

Gut zu wissen

Nicht alle Rohstoffe im Handy stammen aus den Tropenländern – aber oft wird gerade dort für ihren Abbau Natur zerstört und Menschen leiden unter schlimmen Arbeitsbedingungen.

Keine Angst, wir wollen euch das Handy nicht vermiesen. Aber es ist gut zu wissen, wie seine „Zutaten“ gewonnen werden, wie wertvoll sie sind und worauf wir achten sollten.

Ein Leben ohne Smartphone?

Für die meisten von uns undenkbar. In Deutschland besitzen 8 von 10 Menschen ab 14 Jahren ein Mobiltelefon. Und sehr viele kaufen alle 18 Monate ein neues.
In Deutschland wurden im Jahr 2022 insgesamt 21,6 Millionen neue Smartphones verkauft. Für diese Menge an Neugeräten werden 684 Kilogramm Gold, 237,6 Kilogramm Palladium, 6,6 Tonnen Silber, 365,4 Tonnen Kupfer und 1.378 Tonnen Kunststoff benötigt. 
Eine gute Nachricht: Die Zahl der neu gekauften Geräte ist 2022 gesunken, für 2023 wird mit einem weiteren Rückgang von 200.000 Smartphones gerechnet (Quelle: Statista).

Doch was bedeutet eigentlich die Herstellung eines einzigen Smartphones für die Umwelt – und für die Regenwälder mit ihren Bewohnern?

Ein Allerweltgerät der besonderen Art

Ein Mobiltelefon besteht aus verschiedenen Einzelteilen. Zum Beispiel Akku,
Gehäuse, Display, Leiterplatte, Kamera, Lautsprecher. Von außen sieht man zwar nur Plastik, Glas und etwas Metall. Tatsächlich werden für ein Smartphone (je nach Modell und Hersteller) rund 100 verschiedene Stoffe aus aller Welt verarbeitet, zum Beispiel Ölschiefer im Gehäuse, Bergkristalle im Glas für das Displays und Ton in den Isolatoren.

Rohstoffe im Handy – das steckt drin:

Eine Inforgrafik, darauf ist ein Smartphone zu sehen, das zu 17% aus Kunststoffen besteht, zu 32% aus Display/Glas und zu 45% aus Metallen, Stand 2023

Fast die Hälfte (45 %) der Rohstoffe sind Metalle, insgesamt mehr als 60 verschiedene. Den größten Anteil haben:

  • Eisen (15,98 %)
  • Silicium (9,27 %)
  • Magnesium (7,24 %)
  • Aluminium (6,68 %)
  • Kupfer (6,61 %)
  • Nickel (2,60 %)
  • Zinn (0,64 %)

Zu den den weiteren Metallen gehören: Gold, Silber, Platin, Palladium, Kobalt, Tantal/Coltan, Wolfram, Indium und sogenannte Seltene Erden.

Metalle im Handy –
kostbar und problematisch zugleich

Infografik die die häufigsten Metalle im Smartphone darstellt
 

Besonders die Metalle sind wertvolle und teilweise seltene Rohstoffe, die mühsam gewonnen werden müssen. Oft in Ländern, in denen Menschenrechte und Naturschutz nicht viel gelten. Bei einigen spricht man auch von „Konfliktstoffen“. Dazu gehören Bodenschätze, Rohstoffe und andere Güter, die illegal und außerhalb staatlicher Kontrolle abgebaut werden. Und in denen Konflikte mit Waffen ausgetragen werden. Viele von ihnen liegen in tropischen Regenwäldern, die für die Rohstoff-Förderung abgeholzt werden.
Ein besonders problematisches Land ist die Demokratische Republik Kongo im Herzen Afrikas. Dort wird mit Kobalt und Coltan seit vielen Jahren ein blutiger Bürgerkrieg finanziert.

Woher kommen die wichtigsten Rohstoffe?

Poster über Regenwald-gefährdende Metalle im Handy: Ein Smartphone mit einem traurigen Smiley im Display erklärt die im Handy verwendeten Rohstoffe und die Folgen für Mensch und NaturWoher kommen die Metalle, was richten sie im Regenwald an – und was kannst du tun? Unser Download-Poster gibt Antworten auf einen Blick

Verarbeitung:
Rohstoffe auf Weltreise

Nach dem Abbau werden die Rohstoffe verarbeitet, oft in einem anderen Land.
Das gewonnene Kupfer aus Chile wird zum Beispiel zur Weiterverarbeitung nach China transportiert, wo die meisten Einzelteile eines Handys hergestellt werden. Aber auch in Bangladesch, Vietnam, Taiwan und Indonesien lassen die Hersteller ihre Smartphones produzieren. Fertig gebaut werden die Geräte oft wieder in einem anderen Land, etwa in Malaysia.

Smartphones müssen teileweise in Handarbeit zusammengesetzt werden. In Fabriken in Asien schuften die Arbeiterinnen und Arbeiter von morgens bis abends – meistens für sehr wenig Geld.
Nach der Endmontage werden die Geräte häufig per Containerschiff in europäische Häfen transportiert und von dort aus per Lastwagen zu den Händlern.

Es ist eine Reise mit schwerem Gepäck

Unglaublich aber wahr: Im Laufe seines Lebens verbraucht ein herkömmliches Handy alles in allem etwa 75,3 Kilo an Ressourcen während es selbst nur etwa 80 Gramm wiegt. Das fanden die Experten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie heraus. Sie bezeichnen diesen Verbrauch als Ökologischen Rucksack.
Den größten Teil verschlingt der Abbau der Rohstoffe: 35,3 Kilo. Außerdem kosten Weiterverarbeitung, Transport, Nutzung und Entsorgung jede Menge Energie und Wasser.

Ökologischer Rucksack für ein MobiltelefonQuelle: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH/Informationszentrum Mobilfunk

Recycling –
immer noch eine große Baustelle

Wir sehen: Jedes Smartphone ist ein Wertgegenstand und kein Abfall, auch wenn es nicht mehr funktioniert. Deshalb ist es wichtig, dass alte oder defekte Geräte konsequent gesammelt und sorgfältig recycelt werden. Doch davon sind wir noch immer meilenweit entfernt:

Nicht mal die Hälfte aller ausgedienten Elektro- und Elektronikgeräte werden ordnungsgemäß gesammelt und wiederverwertet. In Deutschland waren es laut Umweltbundesamt 44,1 Prozent. Seit 2019 sollten es aber bereits 65 Prozent sein – das hatte die Europäische Union (EU) beschlossen.

Kostbare Rohstoffe gehen verloren

Stattdessen landen weltweit jedes Jahr 57 Millionen Tonnen Elektrogeräte auf dem Müll. Das berichteten die Vereinten nationen für 2021. 
In Deutschland Version waren es 2018 (letzte vom Statistischen Bundesamt erhobene Jahreszahl) 853 Tonnen. Durchschnittlich produzierte demnach jeder Bundesbürger 10,3 Kilo Elektroschrott im Jahr. Dazu gehören auch Smartphones, die man eigentlich noch nutzen könnte. Denn oft müsste nur der Akku ausgetauscht oder sie müssten repariert werden. Doch das ist meistens schwierig und auch kaum billiger als ein neues Gerät. Das bedeutet: Die wertvollen Metalle wie Kupfer, Gold oder Silber oder Seltene Erden sind verloren.

 Agbogbloshie, Vorstadt von Accra, Ghana, größte Müllkippe Ghanas.
Ein Teil des Schrotts landet auf
illegalen Müllkippen. Um die wertvollen Metalle herauszulösen, werden die
Geräte manchmal angezündet. Dabei gelangt Gift in die Umwelt.Die größte Müllkippe Ghanas (Afrika) liegt am Rand der Hauptstadt Accra (Bild: Marlenenapoli/CC0)

Elektroschrott –
unser Giftmüll landet in Afrika

Elektroschrott ist ein riesiges Problem, denn einige Stoffe in den Geräten sind giftig: Batterien, Kabel oder Platinen müssen speziell gelagert und dürfen nicht verbrannt werden.

Tausende Tonnen ausgedienter Geräte landen Jahr für Jahr auf wilden Müllkippen in Afrika oder Asien – illegal. Denn es ist in Europa verboten, Elektroschrott in andere Länder zu exportieren. Doch das wird kaum kontrolliert. Und so werden Länder wie Ghana, Nigeria, Südafrika oder Indien zum Schrottplatz für unseren giftigen Müll. Als hätten diese Länder nicht schon genug mit ihrem eigenen Elektro-Abfall zu tun: Ohne jeden Schutz nehmen Menschen die Altgeräte auseinander, um an die Rohstoffe zu kommen. Und es sind immer die ärmsten Familien, auch Kinder, die auf den Müllkippen schuften. Um die wertvollen Metalle herauszulösen, werden die Geräte manchmal angezündet. Dabei gelangt Gift in die Umwelt. Einige der schlimmsten Deponien liegen am Rande von Ghanas Hauptstadt Accra, wo Luft und Boden durch die Schadstoffe und giftige Dämpfe verseucht sind, die die Menschen krank machen. Das gesammelte Metall wird dann an Zwischenhändler verkauft.

Richtiges Recycling –
wie geht das?

Bei der geregelten Entsorgung werden Handys in ihre Einzelteile zerlegt:
Displays werden abmontiert, da Glas und Flüssigkristalle sich wiederverwenden lassen. Akkus werden als Altbatterien entsorgt. Auch dabei können einzelne Bestandteile recycelt werden, zum Beispiel Nickel, Blei, Cadmium, Quecksilber, Silber, Eisen und Kupfer. Der Rest des Gerätes wird geschreddert. Dabei werden Metalle gezielt herausgetrennt, beispielsweise durch Magnete. In spezialisierten Recyclingbetrieben können so auch aus kleinen Bestandteilen Blei, Nickel, Gold, Wismut, Zinn, Antimon oder Indium herausgelöst werden (Quelle: Bundesumweltministerium).

Die Politik bewegt sich

In Deutschland und in den anderen Ländern der Europäischen Union (EU) wurden bereits mehrere Beschlüsse gefasst – und zum Teil schon umgesetzt. Das Ziel: Wer ein Smartphone hat oder ein anderes elektronisches Gerät, soll es künftig länger nutzen und auch reparieren lassen können.

Schon heute gilt

  • Verkäufer müssen dafür sorgen, dass ein Upgrade der Software unbegrenzt möglich ist. Also: Sicherheit und Funktion des Smartphones muss immer auf den letzten Stand gebracht werden können. Man muss also kein neues Gerät kaufen.
    Verbraucherschützer kritisieren allerdings, dass nur Verkäufer zu den Software-Updates verpflichtet werden, nicht die Hersteller. Hier muss also noch nachgebessert werden. 
  • Händler müssen gebrauchte Geräte zurücknehmen, auch Online-Händler. Dazu sind sie schon seit Juli 2016 verpflichtet. Sie müssen ihre Kunden darauf aufmerksam machen.
     Seit Juli 2022  kann man auch in vielen Supermärkten und Drogerien alte Elektronikgeräte kostenfrei abgeben.
     

Im Laufe des Jahres 2023 soll laut EU gelten:

  • Die Akkus müssen länger halten und man muss sie selbst austauschen können.
  • Hersteller müssen Ersatzteile wie Akkus, Kameras, Mikrofone für 5 Jahre zur Verfügung stellen.
  • Das Smartphone muss vor Stürzen und Spritzwasser besser geschützt sein.
  • Die Hersteller müssen angeben, welche kritischen Rohstoffe im Smartphone enthalten sind und woher sie kommen. 
  • Das Bundesumweltministerium plant zudem einen Produktpass. Er soll alle Daten zum gesamten „Leben“ eines Smartphones zeigen: vom Rohstoff bis zum Recycling.

Ab 2024: Schluss mit dem Ladekabel-Salat

  • Dann dürfen in der EU nur noch Standard-Ladekabel mit einem USB-C-Ladeanschluss verkauft werden. Das gilt unter anderem für 
  • Mobiltelefone, Tablets und E-Reader, Digitalkameras, Kopfhörer, Tastaturen + Mäuse  

Das kann jeder von uns tun:

Junge der sein Smartphone anguckt und etwas tun will
  • Kauft ein Smartphone, das ihr selbst reparieren und den Akku tauschen könnt. Oder das ihr zur Reparatur bringen könnt.
  • Nutzt euer Mobiltelefon so lange wie möglich. Schließlich besitzt ihr ein kostbares Gerät – egal, wie alt es ist. Ein Mobiltelefon hat eine lange Lebensdauer.
  • Wenn euer Smartphone kaputt ist, lasst es reparieren.
  • Wenn ihr ein neues haben möchtet, verschenkt oder verkauft das alte an Leute, die sich nicht so oft ein neues kaufen können oder wollen. Damit tragt ihr richtig viel zum Schutz der Regenwälder und ihrer Bewohner bei.
  • Oder gebt das kaputte oder ausgediente Handy beim Händler wieder ab oder bringt es zu einer anerkannten Sammelstelle zum Recycling.
    So tragt ihr dazu bei, dass wertvolle Rohstoffe nicht verloren gehen. Denn leider liegen in deutschen Schubladen schätzungsweise 210 Millionen Alt-Handys ungenutzt herum (laut Branchenverband Bitkom für das Jahr 2022). Dabei könnten sie sinnvoll wiederverwendet werden. Denn: Die darin enthaltenen Metalle sind rund 240 Millionen Euro wert. Mehr dazu erfahrt ihr in dieser News.
Eine Hand wirft ein altes Smartphone in eine Sammelkiste für alte Handsys
  • Veranstaltet Sammelaktionen in der Schule und behandelt das Thema im Unterricht. Und erzählt uns davon!
  • Schickt eure gesammelten Handys einfach zu uns! WIr sammeln Altgeräte für das Projekt "Ein Handy für den Gorilla" (siehe unten). Unsere Adresse:
    Abenteuer Regenwald
    Hölderlinstraße 22a
    22607 Hamburg
    Unter dem Motto „Ein Handy für den Gorilla“ sammelt die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) Geld für den Schutz der großen Menschenaffen. Sie leben in dem Gebiet, wo auch Coltan für die Smartphones abgebaut wird. Die ZGF bekommt von seinem Recycling-Partner für jedes Handy Geld. Mehr Infos beim Zoo Frankfurt

 

 


Die Erstellung dieser Seite wurde gefördert durch:


Quellen:

Deutsche Rohstoffagentur 
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
Wuppertaler Institut
Informationszentrum Mobilfunk
Bundesumweltministerium/Bildungsservice
Deutsche Umwelthilfe
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom)


 

 

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